DWDL - "Parallel me": Im Schnellwaschgang wechselnder Gegenwarten

DWDL Beitrag, 25. April 2025

In der magischen Tragikomödie „Parallel Me“ reist eine Berlinerin durch alternative Existenzen. Das ist acht Teile lang so tiefgründig amüsant, dass es um so schmerzlicher ist, dass sich Paramount+ sonst von deutschen Serien verabschiedet hat.

Jedes Leben ist kostbar, schön und einzigartig! Jeder Mensch ist kostbar, schön und einzigartig! Du bist kostbar, schön und einzig… Stopp! Wessen inneres Kind spätestens beim dritten Selfcare-Kalenderspruch Achtsamkeitspickel kriegt, braucht nur mal kurz einen Blick auf Tonis verkrachte Existenz werfen und sieht dort, dass jedes Leben aller Menschen selbst dann furchtbar schiefgehen kann, wenn es eigentlich alle Optionen enthält. Eben noch eine leicht überarbeitete, höchst erfolgreiche Change-Managerin, die Unternehmen in aller Welt Strategiewechsel verordnet, muss sie plötzlich ihr eigenes Leben ändern, und zwar fix.

Erst kündigt ihr der langjährige Chef den Spitzenjob. Beim Frustfeiern kündigt ihr die beste Freundin das Vertrauensverhältnis. Kurz darauf kündigt ihr ewiger Schwarm die Gründung einer Kleinfamilie an. Und weil Tonis Eltern auch noch ihr Kinderzimmer zur Sauna umfunktioniert haben, flieht sie von Selbstmitleid zerfressen ins Möbellager, wo sich knapp 30 Jahre behütetes Dasein auf ähnlich viele Umzugskartons verteilen. Von wegen kostbar, schön und einzigartig: Dieses Leben liegt in Trümmern. Es braucht einen Restart. Und zu Beginn der Paramount-Serie „Parallel Me“ kommt er schneller als erwartet.

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Und auch, wenn dabei der gesamte Cast überzeugt, stechen zwei doch deutlich daraus hervor. Das zaghafte Tasten von Malaya Stern Takedas Toni durch deren Gegenwartssprünge ist ja bereits absolut hinreißend. Zur Sensation gerät indes Larissa Sirah Herden als Bea. Wie sie jeder erdenklichen Toni trotzt, wirkt auf so unprätentiöse Art authentisch – als Zuschauer möchte man ihr spontan das eigene Herz ausschütten. Erst im Duett aber befreien sie „Parallel Me“ vom leicht denkfaulen Ansatz mysteriöser Tricks. Ein magischer Schal als Vehikel mag nämlich surreal sein; wie sich die Protagonisten darin fortbewegen, ist ein Beziehungsporträt auf höchst realistischem Niveau.

Freundschaft, Familie, Kommunikation, Karriere: alles, was ganz gewöhnliche Leben ereignisreich macht, wird hier im Schnellwaschgang wechselnder Gegenwarten erörtert. Das macht die Serie ganz nebenbei zum Appell, öfter mal ein wichtiges Verhaltensmuster am Fuß biografischer Steilhänge zu nutzen: Neugier. „Manchmal muss man alles durcheinanderbringen“, sagt ein anderer aus Ariadnes Zeitreisegruppe irgendwann zu Toni. „Nur so kann eine neue Ordnung entstehen.“ Doch so groß die Freude über die gelungene Serie ist: Sie unterstreicht zugleich, wie schade es ist, dass sich Paramount+ abseits der internationalen Partnerschaft mit Gaumont aus der Produktion deutscher Fiktion verabschiedet hat.

DWDL / Jan Freitag am 25.04.2025
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