Andreas F. Bareiss im Gespräch mit Blickpunkt:Film zu IN HER CAR: „Der Blick ändert sich“.

Frank Heine / Blickpunkt:Film 19.02.2024

Fast auf den Tag zwei Jahre nach Kriegsbeginn startet in der ZDF-Mediathek am 21. Februar die Serie „In Her Car“, die zu weiten Teilen in der Ukraine entstanden ist. Im Café Kiew der Konrad-Adenauer-Stiftung findet heute das Premieren-Screening statt. Blickpunkt:Film sprach mit Produzent Andreas F. Bareiss von Gaumont über das außergewöhnliche Projekt.

Andreas F. Bareiss, EVP Business Affairs & Operations und Leiter des Berliner Büros von Gaumont Deutschland

Wie kam „In Her Car“ zustande und wie wurden Sie und Gaumont Teil davon?

ANDREAS F. BAREISS: „In Her Car“ ist eine ukrainische Serie von ukrainischen Filmemachern in der Ukraine hergestellt. Aber es steht auch Gaumont drauf, und es steckt viel Gaumont drin. Unser Head of Development Rainer Marquass und ich sind im Sommer 2022 bei einem Pitch-Wettbewerb in Berlin das erste Mal auf das Projekt gestoßen. Creator Eugen Tunik hat den Wettbewerb zwar nicht gewonnen, aber dafür die Herzen der Jury. Seine Vision und sein Erzählansatz waren klar und perfekt auf den Punkt gebracht. Wir haben ihm angeboten, mit ihm und seinem Team von Starlight Media auf die Reise zu gehen. Zunächst haben wir gemeinsam das Konzept weiterentwickelt, sehr bald auch die Drehbücher. Ab Oktober 2022 bin ich dann schon in die Finanzierung gegangen.

Gingen Sie erst Richtung Senderpartner oder Richtung Weltvertrieb?

ANDREAS F. BAREISS: Ich bin zunächst auf verschiedene Sender und parallel auch auf Streamer zugegangen. Das Initialinteresse war sehr hoch, aber auf den zweiten Blick machte sich Zurückhaltung breit mit durchaus nachvollziehbaren Fragen wie: Was für eine Qualität kann man bei einer in der Ukraine hergestellten Serie erwarten? Kann man es überhaupt verantworten, unter den bestehenden Bedingungen zu drehen? Der Durchbruch war dann, dass wir über die European Broadcasting Union bei einer Pre-Buy-Session das Projekt gleich mehreren Sendern vorstellen konnten. France Télévisions sagte als erster Sender zu, in der Folge sind die ganzen nordischen Sender an Bord gekommen. Damit hatten wir eine solide Finanzierungsbasis und haben auf der Berlinale 2023 noch das ZDF, Beta Film als Weltvertrieb und dann auch das SRF als letzte Bausteine hinzugewonnen.

Wie ist das Zusammenspiel zwischen Beta und Gaumont?

ANDREAS F. BAREISS: Gaumont ist als Studio natürlich auch im Sales-Bereich aktiv. Wir können aber frei agieren und bei jedem Projekt nach der besten Konstellation schauen. Mit ihren vielfältigen europäischen Verbindungen und einer besonderen Expertise auch in Mittel- und Osteuropa ist die Beta für „In Her Car“ ein ganz wunderbarer Partner. Das läuft richtig gut.

Warum ist es wichtig, dass die Fiction die realen Krisen und Konflikte nicht allein Nachrichten, Reportagen oder Dokus überlässt?

ANDREAS F. BAREISS: „In Her Car“ zeigt die besondere Stärke des fiktionalen Storytellings. Durch die grausamen Nachrichtenbilder, die uns über alle Kanäle erreichen, sind wir alle abgestumpft und schauen oft von außen auf die schrecklichsten Ereignisse, wie Schaulustige bei einem Unfall auf der Autobahn. Genau hier setzt fiktionales Storytelling und auch „In Her Car“ ein. Der Blick ändert sich. Wir schauen nicht von außen drauf, wir blicken den Figuren mitten ins Herz. Das erlaubt einen berührenden, authentischen Einblick in die Sorgen und Nöte unserer Figuren, aber auch in ihre Hoffnungen. Wir begegnen den Charakteren in Situationen, in denen sie mit alltäglichen Herausforderungen wie Scheidung, Erbstreitigkeiten, Homophobie oder der Überforderung durch die eigenen Kinder konfrontiert werden – Probleme, die uns selbst vertraut sind. Dann bricht der Krieg aus. Da die Charaktere ähnliche Probleme wie wir haben, fühlen wir fast wie am eigenen Leib, welche Auswirkungen ein solcher Krieg auf uns haben könnte. Dies ist äußerst bewegend und verdeutlicht die Stärke der Fiktion und dieser Serie.

Der Krieg ändert alles, aber letztendlich ändert, er an dem, was den Alltag bestimmt und mit dem man immer wieder umgehen muss, nichts?

ANDREAS F. BAREISS: Das ist der Punkt. Ein Krieg relativiert Alltagsprobleme natürlich, das sehen wir auch in der Serie. Aber die vom Krieg betroffenen Menschen bleiben Menschen. Mit ihren Sorgen und auch alltäglichen Herausforderungen. Das ist mir durch die Arbeit an unserer Serie zum ersten Mal so richtig bewusst geworden.

 

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BLICKPUNKT:FILM
Das Interview führte Frank Heine